35 - VORFREUDE

Wenn ihr diesen Beitrag hier lesen könnt, dann bin ich schon wieder einen ganzen Tag weiter. Es ist einfach nur viel passiert und ich merke, wie ich langsam erschöpft werde. Dann versuche ich, mich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und sonst viel zu schlafen. Immerhin will ich die restlichen paar Tage noch gut schaffen!

(Trotzdem schreibe ich diesen Beitrag mal aus Sicht des 02.07. . Ich mache mir nämlich oft Notizen und kann mich so wieder ganz gut in den Tag reinversetzen.)

Als ich heute Morgen ausgeschlafen aufgewacht bin, weil die erste Fähre nach 40 Kilometern ja erst um 14 Uhr ging, hat die Sonne geschienen. Und in meinem Zelt war es schon richtig warm. Die Aussicht auf die sonnigen Berge auf der anderen Seite des Fjords war ziemlich schön.

Und als ich auf mein Handy geschaut habe, gab es schon die nächste tolle Überraschung. Oli war morgens um vier Uhr schon losgefahren. Als ich aufgewacht bin, war er schon in Kassel. Eine unglaubliche Vorfreude auf unser Wiedersehen hat mich erfüllt. Zu wissen, dass die Entfernung zwischen uns jetzt nicht mehr größer, sondern kleiner wird, ist wirklich toll. Plötzlich wird alles so greifbar. Das Nordkapp, die erste Umarmung. Das Ende der Reise.

Mit Timon und Fred hab‘ ich noch gut gefrühstückt, dann haben alle zusammengepackt und sind langsam losgezogen. Timon für eine Tagestour mit dem Rennrad, Fred Richtung Supermarkt. Kurz bevor ich mich aufs Rad schwingen wollte, hat Georg mir eine WhatsApp-Nachricht geschrieben.

Léoni du alde Hundelunge!

(So nennen wir uns im Spaß immer.)

Wo ich jetzt sei und wie es laufen würde, wollte er wissen. Als ich geschrieben habe, dass ich heute nach Tromsø kommen würde, kam eine Antwort zurück, mit der ich niemals gerechnet hätte.

Wie ist dein Plan in Tromsø? Wollen wir einen Kaffee trinken oder was essen gehen?

Wie sich herausgestellt hat war Georg, von dem ich dachte, dass er längst wieder zuhause in der Schweiz sitzt, noch in Tromsø. Ich war völlig perplex! Zuerst hab’ ich gedacht, er veräppelt mich. Wir haben uns zum Abendessen verabredet und ich bin voller Vorfreude losgedüst. Vorfreude auf alles. Auf heute Abend, auf die nächsten Tage.

Als ich vormittags nochmal Oli angerufen hab‘, war der schon an der Ostsee. Ich schwebte im siebten Himmel und war vielleicht fast schon ein wenig hysterisch.

Nach einer ziemlich beeindruckenden Etappe zur ersten Fähre hab ich dort Fred wiedergetroffen. Und dann sind wir gemeinsam wieder aufs Festland gefahren. Tschüss Lofoten, tschüss Senja! Es war toll!

Die 60 Kilometer von der Fähre nach Tromsø bin ich dann fast am Stück gefahren. Ich war so motiviert, früh genug nach Tromsø zu kommen.

Und dann gab es - als ich nach Tromsø reingefahren bin - noch eine Überraschumg. Mitten auf einer Wiese am einem Wohngebiet direkt am Radweg lag etwas im Gras. Etwas großes, braunes.

Ein Rentier! Gerade hier mein erstes zu sehen, damit hätte ich nie gerechnet.

Die letzten Kilometer zum Campingplatz bin ich nur so den Radweg entlanggerollt. Und dann hab ich ihn endlich wieder getroffen.

Georg, die alde Hundelunge! Gerade als ich mein Fahrrad am Eingang abgestellt habe, ist er aus seinem Mietwagen gestiegen. Inzwischen mit richtig vielen Haaren auf dem Kopf und im Gesicht. Aber immernoch in genau dem gleichen Tshirt und derselben Shorts. Ich musste immernoch ungläubig lachen, als wir uns umarmt haben.

Georg hat sich den Mietwagen geholt, weil er eigentlich dachte, es sei günstiger in einem Auto zu schlafen, als in einem AirBnB. Aber er hatte nicht mit einer so „neumodischen“ Karre gerechnet. Ein E-Auto in dessen Kofferraum jetzt ein zerlegtes Carbon-Fahrrad und ein geklauter Supermarktkorb liegen, in dem Geog hier alle seine Habseligkeiten aufbewahrt. Leider aber alles äußerst unpraktisch wenn es um Übernachtung geht.

Wir haben also unsere Zelte nebeneinander aufgeschlagen. Georg sein 700-Franken-Zelt, das angeblich noch mehr gekostet hätte, wenn er es nicht im Sale gekauft hätte, und ich mein 200€-Zelt.

Was hast du denn da für einen Mandarinen-Schnitz?!

hat er gelacht, als er es zum ersten Mal gesehen hat. Pff!

Bei der Demonstration zum Betreten und Verlassen des 700-Franken-Zeltes, in dem man nur liegen kann, weil es so flach und klein ist, hab ich mich über meinen Mandarinen-Schnitz sehr gefreut! Auch wenn die Vorführung wirklich äußerst amüsant war. War ein bisschen wie die Mischung aus Yoga und einer einbeinigen Kniebeuge.

Als Georg mich gefragt hat, was ich zu Abend essen möchte, und ich mir als Witz ein Elch-Schnitzel gewünscht hab, hat er ein ziemlich tolles norwegisches Restaurant rausgesucht.

Wir waren also in den Klamotten, die eigentlich unsere Schlafanzüge sind - ich noch in Adiletten und Georg wenigstens in neu gekauften Sportschuhen - essen. Und zwar ein Rentierfilet. Für schlappe 45€. Aber ich muss sagen: So etwas leckeres habe ich lange nicht gegessen. War wirklich unglaublich fein.

Weil die Portionen aber wirklich nicht groß waren, mussten wir uns danach nebenan im Seven-Eleven noch einen riesigen Frozen Yoghurt reinstellen. Dann war es besser.

Zurück am Campingplatz haben wir uns noch ein bisschen durch die Zeltwände durch unterhalten. Ich bin so glücklich eingeschlafen. Was ein toller Zufall, dass wir uns nochmal gesehen haben! Es war so ein gutes Gefühl, zu wissen, dass in der Stadt jemand auf mich wartet. Und es war so lustig, sich dann wiederzusehen, nachdem wir den kompletten Monat getrennt voneinander durch Norwegen gefahren sind. Weil man vieles auch nur versteht, wenn man hier auch mit dem Fahrrad durchgefahren ist. Deshalb war die Begegnung für mich sehr wertvoll.

Leider wird meine Haut gerade wieder schlechter. Vorgestern habe ich die Kortisoncreme abgesetzt. Wahrscheinlich etwas zu schnell. Jedenfalls sieht mein Gesicht wieder übel aus. Ich nehme jetzt wieder einmal am Tag ein bisschen von der Creme, um den Zustand einzudämmen. Hoffentlich klappt’s.

Léoni

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Tourdaten

KM gesamt: 3971,9

HM gesamt: 39806

Zeit gesamt: 205:38

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KM heute: 103,79

HM heute: 980

Zeit heute: 4:52

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Aktueller Standort

9020 Tromsdalen, NO

Kommentare

  1. Mmh, lecker, das Essen! Aber als es noch auf der Wiese lag, sah das Rentier auch gut aus. (-;

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