26 - LUCKY

Als ich heute Morgen aufgewacht bin, war ich ganz erstaunt. Es hatte trotz Vorhersage die ganze Nacht nicht geregnet. Und es war zwar bewölkt, aber immernoch trocken. Ich musste daran denken, was der Typ vom Campingplatz gestern Abend zu mir gesagt hatte. Ich hatte für die Dusche bezahlt und er hat in die Kasse gegriffen um mir eine 5-Kronen-Münze rauszugeben. Als er sie auf den Tresen gelegt hat, hat er gelächelt.
Oh you‘re Lucky!
Die Münze war grün angemalt.
Maybe I shouldn‘t shower and keep it!
hab‘ ich lachend zu ihm gesagt. Da hat er mir noch eine zweite Münze zum Duschen rausgegeben, damit ich die grüne behalten konnte. Und ich glaube heute hat die mir wirklich Glück gebracht. Zumindest war ich sehr glücklich!
Ich bin schon um kurz nach neun losgefahren. Allerdings ohne richtiges Frühstück. Im nächsten großen Ort musste ich einkaufen und dort hab ich das dann auf einer Bank am Supermarkt nachgeholt.

Und dann hab ich mich richtig auf den Weg gemacht. Und es lief ziemlich gut. Die ersten Kilometer bin ich viel durch Wälder und über Felder gefahren, was mich sehr an Deutschland erinnert hat. Deshalb waren die Aussichten garnicht so spektakulär für mich. Vielleicht bin ich auch grade deshalb gut vorangekommen.


Durch den bewölkten Himmel wirken die Farben hier noch kräftiger, finde ich. Die Wiesen sind unglaublich grell grün, die Berge in der Ferne schimmern bläulich und die roten Häuschen sind richtige Hingucker. Eigentlich doch nicht wie in Deutschland. Aber ich hab‘ gestern Vormittag ganz wenig Wasser gesehen, was für Norwegens Küste nicht ganz typisch ist.

Den ganzen Tag habe ich viel Musik gehört und mich gefreut, hier zu sein. Was für ein Glück ich doch habe! Die Etappe hatte nicht allzu viele Höhenmeter und man konnte richtig schön in die Pedale treten. Meistens stand der Wind auch auf meiner Seite. Lofoten, ich komme!

Nachmittags war dann endlich wieder Wasser in Sicht. Und als ich auf die Fähre in Holm zugefahren bin, kam sogar die Sonne raus. Ich glaub da hab ich gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd.


Was auch unfassbar viel Kraft gibt in den letzten Tagen, sind die Radreisenden, von denen man jetzt wirklich immer mehr trifft. Das ist jedes Mal schön, man grüßt sich eigentlich immer. Die meisten heben die Hand oder jubeln einem entgegen. Wenn man in die gleiche Richtung fährt und der eine den anderen überholt, dann spricht man sich oft kurz an. Oder wenn man sich an der Fähre trifft. Und das schafft irgendwie eine Verbundenheit. So ein bisschen nach dem Motto
We‘re in this together!
Jeder von uns macht zwar seine eigene Reise und hat eigene Herausforderungen, aber viele der Probleme, die die anderen haben, können wir meistens gut nachempfinden. Und wir haben alle ein bisschen einen Knacks, weil wir so weit nördlich mit dem Fahrrad unterwegs sind. Die meisten die hier Fahrrad fahren, haben richtig viel Aufwand betrieben, um hier her zu kommen. Da ist man nicht mal eben nur in den Zug gestiegen und zwei Stunden irgendwo hingefahren, nein. Entweder man ist über mehrere Tage mit Zug und Schiff angereist, zum Beispiel nach Oslo gefahren oder nach Bergen oder nach Tromsø. Oder man ist 3000 Kilometer hier her geradelt. Aber so oder so, hat es eine Weile gedauert. Und allein das verbindet uns schon. Wir wollten so sehr genau hier herkommen, dass wir dafür einiges in Bewegung gesetzt haben.



Abends hab‘ ich hier auf dem Campingplatz noch eine Dänin und einen Niederländer in der Küche getroffen. Wir haben zusammen gegessen und uns eine Stunde lang prächtig unterhalten. Das war richtig toll.
Wir haben uns gegenseitig von den Dingen erzählt, die uns herausfordern. Aber auch von denen, die uns antreiben und die uns glücklich machen.
Als ich mich später in meinen Schlafsack gekuschelt hab‘, hatte ich gute Laune. Und so eine Vorfreude, auf das was die nächsten Tage kommt!
Léoni
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Tourdaten
KM gesamt: 3089,54
HM gesamt: 31604
Zeit gesamt: 162:27
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KM heute: 125,32
HM heute: 1271
Zeit: 6:00
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Aktueller Standort
8908 Brønnøysund, NO






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