24 - WEIHNACHTEN

Wieso Weihnachten? Das fragt ihr euch jetzt sicher. Weil 24. 24 Tage bin ich schon unterwegs. Wenn ich in der Weihnachtszeit einen Adventskalender hatte, kam mir das immer ewig lang vor. Jetzt ist es irgendwie ganz komisch, einerseits ging die Zeit bisher unfassbar schnell rum. Und andererseits habe ich das Gefühl, es ist ein Jahr her, dass ich zuhause losgefahren bin. So unfassbar viel hab ich erlebt. Es ist so viel passiert. Ich habe seither 21 Nächte an unbekannten Orten verbracht. Bin 24 Mal aufgestanden, ohne zu wissen, was mich an dem Tag erwarten wird. Das ist schon ganz schön wild wenn man es mal so formuliert.

Heute Morgen war mir nach dem Aufstehen so kalt wie auf der ganzen Reise noch nie. Es hat immernoch geregnet und gewindet und meine Wetter-App hat mir 9 Grad - gefühlt 2 - angegeben. Ich hab mir ganz viel übereinander angezogen und meine Wäsche aus dem Trockner geholt. Heute Nacht war es ziemlich stürmisch gewesen. Windböen bis zu 30 km/h hatten wir laut Gerd. Seitlich an meinem Zelt hatte es zwei Heringe rausgerissen. Dadurch war mein Außenzelt ans Innenzelt gekommen. Und jeder erfahrene Camper weiß, was das bedeutet. Mein Schlafsack war ziemlich feucht geworden. In dem kleinen überdachten Spülbereich mit zwei Holztischen konnte ich alles nass gewordene ein bisschen ausbreiten. So richtig trocken wurde aber nichts davon. Der Nieselregen war einfach überall, auch da, wo eigentlich ein Dach drüber war.

Um kurz nach neun war ich dann fertig mit zusammenpacken und habe mich langsam auf den Weg Richtung Fähre gemacht, die direkt neben dem Campingplatz angelegt hat. Weil die Fähre aber dann erst um 9:30 Uhr abgefahren ist und wir fast eine halbe Stunde Fahrt hatten, wurde es 10:15 Uhr, bis ich auf der anderen Seite in Rørvik auf dem Sattel saß.

Aber immerhin gab es direkt etwas richtig tolles. Sonne! Zwar nur für ein paar Minuten, aber die Regenklamotten hab‘ ich direkt wieder ausgezogen.

Die ersten 35 Kilometer führte die Straße immer direkt am Trondheimfjord entlang. Die Aussichten mit dem bewölkten Himmel, durch den aber immer wieder die Sonne gespickelt hat, waren ziemlich schön.

Aber neben dem Gedanken, dass ich schon den Heiligabend meiner Reise erreicht hab‘, hat mich noch ein anderes Gefühl begleitet. Hunger. Obwohl ich heute Morgen ein solides Porridge mit Apfel und Cranberries gegessen und mir eine ganze Packung Datteln mit Erdnuss-Splittern reingezogen hatte, musste ich mittags um 13 Uhr am Supermarkt eine Pause einlegen. Jetzt, wo Woche vier schon angebrochen ist und ich das Kaloriendefizit der letzten Wochen anfange, richtig zu spüren, werde ich wohl immer wieder mittags auch richtig vespern müssen. Snacks auf dem Fahrrad reichen einfach nicht mehr. Ich musste heute zwei Avocado-Brötchen mit Käse und ein Rosinenbrötchen mit Frischkäse und Hapå in mich reinschieben. Aber danach kam ich ziemlich gut voran! Am Supermarkt hatte ich kurz einen schottischen Bikepacker getroffen. Weil ich aber gerade am Gehen war, sicherten wir uns gegenseitig zu, dass wir uns bestimmt nochmal sehen würden. Und das passierte dann schon fünf Kilometer später, als ich zum Pinkeln rausgefahren bin und er mich einholte.

Wir haben uns ziemlich gut unterhalten und es war mal wieder ganz lustig, die unterschiedlichen Arten des Unterwegsseins zu vergleichen und aber auch zu merken, wie viel man am Ende doch gemeinsam hat.

Wir sind bestimmt 20 Kilometer zusammen gefahren, dann haben sich unsere Wege getrennt. Er wollte sein Wasser auffüllen - mit dem Wasserfilter, den er dabei hat, ist das aus jedem See möglich. Ich bin schonmal weitergefahren.

Natürlich haben wir wieder vergessen, uns vorzustellen. Das passiert wirklich ständig. Aber bestimmt treff‘ ich ihn wieder, er möchte auch nach Norden. Bis dahin bleibt es der Schotte.

(So sahen heute Nachmittag übrigens die Straßen aus:)

Und dann meine Freunde, ist es endlich passiert. Ich hab‘ mir das schon ein bisschen erhofft gehabt aber so früh damit gerechnet, habe ich noch nicht. Mein erster Elch in freier Wildbahn!!!

Auf dem Foto ist er ganz schön weit weg. In Echt waren es vielleicht so 150 Meter.

Hier noch die super pixelige Zoomaufnahme als Beweis. Fanny hat erst in Frage gestellt, ob es nicht ein Pferd ist. Ich finde es ist klar und deutlich erkennbar.

Danach war ich nur so beflügelt. Ich bin schon so weit geradelt, dass es einfach Elche im Wald gibt.

Auf den nächsten Kilometern habe ich immer wieder suchend nach links und rechts geschaut. Aber ich gesehen hab ich keinen mehr. Vielleicht kommt das nochmal.

Bis nach Steinkjer bin ich dann noch am Beitstadfjorden entlang gefahren. Und es war immernoch trocken mit sonnigen Flecken. Nach der letzten nassen Woche hat das so unfassbar gut getan. Es ist wirklich verrückt, wie viel man beginnt in Frage zu stellen, wenn es regnet. Und wie kräftezehrend so ein Wetter auch einfach sein kann. Rückblickend waren die letzten Tage deutlich anstrengender, als zum Beispiel meine erste Woche in Deutschland, in der ich die Kilometer nur so runtergeschruppt hab‘.

Deshalb umso toller, endlich wieder komplett froh darüber zu sein, diese Reise zu machen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich es mir in den letzten Tagen noch nicht gewünscht hätte, es wäre vorbei und ich im Trockenen.

Aber jetzt bin ich hier und das ist gut so. Es macht unheimlich Spaß und ich bin immernoch jeden Abend überwältigt von den ganzen krassen Fotos, die sich in den letzten Wochen auf meinem Handy sammeln.

Als ich hier in Steinkjer angekommen bin und noch zum Coop wollte, kam ich wegen Bauzaun-Absperrung nicht hin. In der Stadt war irgendein Fest. Wahrscheinlich was für Mittsommer, das ist ja heute! Also frohen Mittsommer. Ich leg mich jetzt schlafen. Die Sonne ist gerade untergegangen, die Vögel Zwitschern noch. Es ist 23:58 Uhr. Und um 2:45 Uhr geht sie wieder auf. Norwegenliebe. Ich hab‘ nämlich Angst im Dunkeln.

Léoni

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Tourdaten

KM gesamt: 2825,73

HM gesamt: 28735

Zeit gesamt: 149:37

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KM heute: 115,29

HM heute: 1464

Zeit: 6:01

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Aktueller Standort

7716 Steinkjer, NO

Kommentare

  1. Du und Fanny wolltet mir das ja nie glauben - aber den Weihnachtsmann gibt's halt doch. Das auf dem Bild ist nämlich - klarer Fall - sein Rentier und kein Elch. Und da heute anscheinend Weihnachten ist, passt das ja! Frohes Fest, der Papa 🎄

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