8 - OBEN

Oben. Mehr kann man dazu auch eigentlich nicht sagen. Heute war alles irgendwie oben. Ich war oben, meine Laune war oben. Ich bin oben. Oben auf dem Pass. An der höchsten Stelle meiner Tour. Und die Wolken waren endlich auch mal oben. So weit oben, dass man sie nicht gesehen hat. Da, wo sie hingehören. 

Heute morgen bin ich auf der uralten Eckbank im Aufenthaltsraum vom Campingplatz hinter der Tankstelle wach geworden. Immerhin eine trockene, warme Nacht. Ich hab nach der ganzen Erschöpfung gestern geschlafen wie ein Stein. Und draußen hat zum ersten Mal, seit ich so richtig in den Bergen bin, morgens die Sonne geschienen. Laune: oben. 

Weil mein Zelt aber die ganze Nacht draußen gewesen war und natürlich pitschnass, musste ich das erstmal abbauen und in die Sonne legen. Weil die Jungs noch geschlafen haben und ich nicht ständig da rein und raus marschieren wollte, bin ich ein bisschen in die Wiese hochgelaufen. Mit nackten Füßen durchs nasse Gras, das war eine reine Fußmassage. Richtig toll. Bis ganz hoch bin ich, so, dass ich die Grenze nach Italien schon sehen konnte. Léoni: oben.

Die Wolken hingen hinter mir noch ganz tief im Tal und trotzdem sah es nach einem richtig tollen Tag aus. Ich bin den Hügel wieder halb runtergerutscht, halb runtergeschlappt (ja, die Schlappen hatte ich natürlich auch dabei)

Zurück unten waren dann auch alle wach und wir haben angefangen zusammenzupacken. Für mich gab’s dann noch ein Frühstück von der Tankstelle und dann bin ich wieder los. Mal wieder um eine Bekanntschaft und viele Toi-Toi-Toi‘s reicher. Das mag ich an allein reisen, man trifft immer irgendjemanden. Und das ist sehr erfrischend. Das holt mich manchmal ein bisschen aus der eigenen Komfortzone und packt mich und lockt mich raus. So ein Gespräch kann so viel verändern und manchmal ist es auch nur eine kleine Aufmunterung und man hat danach bessere Laune. So oder so. Ist einfach was schönes am Reisen. 

Weil ich ja erst am Samstag von Bozen mit dem Flixbus heimfahre und bis dahin noch gut Zeit hab, hab ich meinen Fokus heute mal wieder nicht aufs Fahrrad fahren gelegt. In Reschen am See, der nördlichsten Ortschaft am Reschensee, hab ich Anni getroffen. Anni ist im Prinzip meine Kindi-Uni-Freundin. Wir haben uns an Tag 1 an der Uni getroffen und im Prinzip hab ich jedes Projekt an der Uni mit Anni gemacht. Fast zumindest. Also war’s heute wieder, als würd ich ein kleines Stück zuhause bei mir haben, obwohl ich das Gefühl habe, so weit weg zu sein.

Wir haben uns am See getroffen und uns gesonnt, vergeblich versucht, Steine flippen zu lassen. Die waren alle zu fett und schwer. Dann wurde‘s halt Steinweitwurf. Das Wasser war uns ein bisschen zu zapfig, um reinzuspringen. Dann standen wir halt drin. Nachmittags haben wir uns mit freshen Füßen unter den Augen von Millionen Wespen Cappuccino und Apfelstrudel gegönnt - nen Mords-Teil für schlappe 4,50€. Südtirol ist irgendwie schön. 

Später ohne Packtaschen, mit einem ganz leichten Fahrrad, entlang vom See zurück zum Campingplatz zu fahren, wo ich Mittags schon mein Gepäck gelassen hatte, war wahnsinnig schön und befreiend. Und der Campingplatz hier ist auch toll. Ich hab gewaschen und geduscht, dann bin ich mit meinen inzwischen zum dritten mal genähten Schlappen in den Ort geschlurft. Super vorsichtig, ohne die Füße so richtig zu knicken, damit sie nicht noch ein viertes Mal fatzen. Neben einem doppelwandigen Zelt wird das auf jeden Fall zu den Top Anschaffungen zählen, die ich wohl oder übel für die nächste Tour tätigen muss. 

In St. Valentin auf der Heide hab ich nicht nur eine Bombenpizza zum Mitnehmen, sondern auch eine wahnsinnig schöne Aussicht auf die hohen Berge südlich von mir bekommen. Ich glaube, das eine ist sogar der Ortler. Also richtig, richtig hoch. 

Ich freu mich wahnsinnig auf die nächsten Tage. Jetzt leg ich mich schnell in mein Zelt und hoffe auf ein Wunder, das meine Wäsche bis morgen zum trocknen bringt.

(Lied des Tages: Mein Fahrrad von die Prinzen)